Pilotobjekt: Müngstener Brücke

Technische Daten
Fertiggestellt 1897
Spannweite 170m
Höhe über Talgrund 107m
Gesamtlänge 465m
Materialmengen 5000 t Stahl
Breite ca. 10 m (zweigleisig)
Baukosten 2.646.386,25 Mark

Die Talbrücke über die Wupper bei Müngsten wurde 1897 als zweigleisige Eisenbahnbrücke errichtet. Die Brücke spannt mit einem großen Stahlfachwerkbogen über 170m Spannweite über die Wupper mit einer Höhe von 107m. Das Anspruchsvolle an diesem Bau war der geplante freie Vorbau ohne Rüstung. Dafür mußte jeder neuen Bauzustand in einer eigenen statischen Berechnung nachgewiesen werden, bis der Bogenschluss erfolgen konnte. Vor allem die seitlichen Windkräfte sind im Bauzustand eine große Belastung, bis der Fahrbahnträger die Aussteifung komplett übernehmen kann.

Statisch bestimmte Bauwerke wie zum Beispiel Dreigelenkbögen kann man aus dem Gleichgewicht der Kräfte berechnen. Sobald eine Einspannung am Fußpunkt oder im Scheitel dazukommt, entstehen auch Spannungen unter Temperatur, die dann sehr aufwändig berechnet werden müssen.

Die Müngstener Brücke trägt als beidseitig eingespannter Bogen und ist damit dreifach statisch unbestimmt, was nochmals erhöhten Rechenaufwand für die Ingenieure bedeutete – nicht mit Computer – sondern alles mit Hand und Rechenstab. Als Ingenieure werden Anton von Rieppel im Namen der M.A.N. AG und Bernhard Rudolf Bilfinger genannt, der nach heutigen Forschungen den maßgeblichen Anteil der Berechnung leistete.[1]

[1] Der verschwundene Ingenieur, Univ.-prof. Dr.-Ing. Martin Trautz, Stahlbau 7/2018, S.706-717


Die Müngstener Brücke – Das Tragwerk in Wort und Bild der Ingenieure und Zeitzeugen

Zeichnungen und Bilder zur Errichtung der Müngstener Brücke

Eine ausführliche Beschreibung des Tragwerks in Text und Zeichnungen veröffentlichte Prof. Wilhelm Dietz 1904 im Verlag Julius Springer in einem 2 bändigen Werk mit dem Titel: Die Kaiser Wilhelm-Brücke über die Wupper bei Müngsten im Zuge der Bahnlinie Solingen-Remscheid. Die folgenden Bilder stammen aus dem zweiten Band (Tafeln). Sie geben einen guten Einblick in die Komplexität der Berechnung, Planung und Ausführung der Brücke.

Literatur

  1. Das Centralblatt der Bauverwaltung, XV. Jahrgang, Nr. 16 veröffentlichte am 20. April 1895 ab Seite 161 einen Artikel, der insbesondere die drei  Wettbewerbsentwürfe zur Müngstener Brücke vorstellt und bewertet.
  2. Der Verein Deutscher Ingenieure VDI veröffentlichte 1987 den Reprint eines Artikels den Anton Rieppel 1897 in der VDI Zeitschrift veröffentlichte. Das VDI Buch beginnt mit einer  ausführlichen Einführung von Prof. Ernst Werner und ist antiquarisch erhältlich. Rieppel, A.: Die Thalbrücke bei Müngsten: e. techn.-histor. Reprintdokumentation aus der Zeitschrift des VDI im Jahre 1897 / Einführung Ernst Werner. VDI-Verlag Düsseldorf, 1987

Enthüllung der Stele am 27. August 2022

Die Müngstener Brücke im internationalen Kontext ihrer Zeit

Im Zuge des Gemeinschaftsantrags zum Weltkutlurerbe fand 2017 in Solingen der internationale Kongress „Bridges in the World Heritage“ statt. Die aufwändig gestaltete Kongressdokumentation ist in Englisch als PDF auf der Webseite der Stadt Solingen erhältlich und beschreibt den technikgeschichtlichen und technischen Kontext der Müngstener Brücke.

Der verschwundene Ingenieur (von Prof. Martin Trautz)

Für den Entwurf, die Konstruktion, Berechnung und Ausführung der Müngstener Brücke war die Firma MAN-Brückenbauanstalt Gustavsburg verantwortlich. Zu den technischen Besonderheiten der Bemessung und dem Hintergrund, der Rolle und dem Verhältnis der maßgeblich beteiligten Ingenieure Anton v. Rieppel und Bernhard Rudolf Bilfinger stellt Prof. Martin Trautz die erstaunlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor. (Stand 08/2022)

Weiterführende Links zur Müngstener Brücke